Renteneintritt der Baby-Boomer erlaubt keine Weiter-so-Politik

Baby-Boomer

In den nächsten 15 Jahren wird sich die deutsche Wirtschaft drastisch wandeln: Die Generation der 1955 bis 1964 geborenen Baby-Boomer geht in Rente, auf dem Arbeitsmarkt fehlen dann mehr als fünf Millionen Erwerbstätige – elf von 100. Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die gemeinsam mit StepStone, New Work SE und Kienbaum Consultants International entstanden ist, untersuchte die Folgen dieses Wandels.

Statt Arbeitslosigkeit werde es in Deutschland eine „Arbeiterlosigkeit“ geben. Und weil es das Thema Bevölkerungsrückgang in vielen Ländern gebe, werde man ein globales Ringen um Talente zu erwarten haben. Deshalb müssten sich die Arbeitgeber heute schon ihre Angebote überdenken, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Drei Szenarien im Vergleich

Untersucht wurden von den Forschern drei Szenarien: Im Basisszenario sinkt das Arbeitsvolumen wie demografisch vorgezeichnet ab 2025 deutlich und bremst damit das Wirtschaftswachstum. Gleichzeitig gehen die IW-Ökonomen davon aus, dass der Kapitaleinsatz – also Produktionsfaktoren wie Maschinen und Werkzeuge – bis 2035 langsam steigt. Der technische Fortschritt entwickelt sich eher langsam weiter, denn wo viele Fachkräfte fehlen, gibt es weniger Innovationen. Unter der Annahme eines solchen weitgehenden Weiter-So in der Politik steigt das reale Einkommen pro Kopf bis 2035 nur noch um rund ein Prozent pro Jahr.

Wachstum verlangsamt sich

In einem Positivszenario gelingt es, die Lücke der Baby-Boomer etwas auszugleichen, es gibt also deutlich mehr Fachkräfte, mehr Kapital und stärkeren technischen Fortschritt als im Basisszenario. Dadurch steigt die Produktivität und das reale Einkommen pro Kopf wächst mit jahresdurchschnittlich 1,4 Prozent.

Wohlstandsverlust droht

Es kann aber auch schlechter kommen, wenn die Wirtschaftspolitik ihre Hausaufgaben nicht macht. In einem Negativszenario würden ein schlechteres Innovationsklima und investitionshemmende Weichenstellungen die Wirtschaft deutlich stärker bremsen. Dann drohen spürbare Wohlstandsverluste. Das reale Einkommen pro Kopf würde im Vergleich zum Basisszenario im Jahr 2035 um bis zu 4.000 Euro geringer ausfallen.

Zuwanderung kann helfen

Die Politik muss jetzt handeln, so die Forscher des IW. Den Unternehmen fehlen viele Erwerbstätige: Würden Kitas und Schulen weiter ausgebaut, könnten viele Eltern Vollzeit statt Teilzeit arbeiten. Auch Zuwanderer können helfen, die Fachkräftelücke zu schließen. Lebenslanges Lernen und gezielte Weiterbildungen sind unverzichtbar, um ältere Beschäftigte langfristig am Arbeitsmarkt zu halten. Es braucht zudem optimale Bedingungen für private Investitionen, eine bessere öffentliche Infrastruktur und gute Marktzugangschancen für Unternehmen, die Innovationen anbieten.

Neue Regierung gefordert

„Die künftige Bundesregierung ist gefordert, auf die Schrumpfung der Bevölkerung zu reagieren, erst dann können auch die Unternehmen ihre Hausaufgaben erledigen“, sagt IW-Direktor Michael Hüther. „Ein Weiter-So kostet uns alle Wohlstand und kann nicht im Interesse der Politik sein.“

 


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Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © Gorodenkoff – adobe stock