4-Tage-Woche im Job: Drei von vier sind dafür

Kalender Freitag

Die belgische Regierung hat am 15. Februar im Rahmen einer Arbeitsmarktreform die 4-Tage-Woche beschlossen. Und zwar bei unveränderter Wochenarbeitszeit. Vollzeit-Arbeitnehmer können jetzt bis zu 10 Stunden pro Tag schaffen, damit sie drei von sieben Tagen frei haben. In Spanien läuft seit Herbst 2021 ein Test. In Island wird die 4-Tage-Woche seit 2015 getestet. In Deutschland regt sich Zuspruch: 73 Prozent der Befragten gaben jetzt bei einer Forsa-Umfrage an, dass sie für eine  4-Tage-Woche sind.

Welche Vorteile, welche Nachteile bringt eine 4-Tage-Woche mit sich? In Island weiß man es genau, wie man die Veränderung mit Analysen begleitet hat. Hier die Ergebnisse: Leistung und Produktivität blieben beim Wechsel von fünf auf vier Arbeitstage gleich. Die Anzahl der Überstunden ist nicht über normal hinausgewachsen. Die Zahl der Krankheitstage sank auf breiter Front. Viele Mitarbeiter nutzen das mehr an Freizeit sinnvoller, trieben zum Beispiel mehr Sport. Insgesamt, so das Fazit, war die Umstellung weniger aufwändig als anfangs befürchtet. Bei einem Test von Microsoft in Japan im Sommer 2019 stieg die Produktivität sogar um 40 Prozent.

Bayern entdecken den Mehrwert

In Deutschland hat der Maschinenbauer Wenzel im bayerischen Wiesthal Anfang 2022 den Test gewagt. In der Produktion wurde die 4-Tage-Woche zum Standard, in der Verwaltung zur Option. Ein Vorteil zeigte sich schnell: die Maschinen liefen einen Tag weniger, die Energiekosten sanken um 10 bis 15 Prozent. Das neue Arbeitszeitmodell wird von den Mitarbeitern und den Chefs als Mehrwert gesehen. Der volle Lohnausgleich hat sich als richtig erwiesen, denn die Produktivität ist nicht gesunken, auch weil die Mitarbeiter private Termine auf den freien Werktag verschoben haben.

Vorteil im Kampf um Talente

Der größte Nutzen wird von den befürwortenden Unternehmern darin gesehen, dass sich die 4-Tage-Woche zum Joker bei der Fachkräftesuche mausert. „Für uns ist das neue Arbeitszeitmodell ein klarer Vorteil im Wettbewerb um die besten Talente,“ sagte Wenzel-Geschäftsführerin Heike Wenzel jetzt in einem Gespräch mit dem Magazin Personalwirtschaft. Zeigen dürfte sich der Vorteil auch bei der Mitarbeiterbindung, denn die Angestellten kündigen bei vier Arbeitstagen pro Woche seltener und sind zufriedener mit ihrer Work-Life-Balance.

Ideal für Montage-Trupps

Die größten Potenziale der 4-Tage-Woche sehen Experten in Bereichen, die es besonders schwer haben, Fachkräfte zu finden: So in den Branchen Montage und Demontage, im Bauhauptgewerbe und auch den Nebengewerben. „Viele Montagetrupps fahren gerne Sonntagsabends los, wenn sie Donnerstagsabends wieder daheim sind“, sagt ein Insider. In der Fremde macht es auch kaum einem Mitarbeiter etwas aus, zehn statt acht Stunden pro Tag ranzuklotzen.

Vor 100 Jahren noch 60 Wochenstunden

Wen die Historie interessiert: Die 5-Tage-Woche gibt es erst seit 1908, davor wurde auch samstags gearbeitet. In den 1930er Jahren wurde die 5-Tage-Woche flächendeckend eingeführt. Bis 1918 waren noch 60 Wochenstunden in Deutschland üblich, seither wurde die Arbeitszeit immer weiter reduziert, so 1959 von 48 auf 45 Stunden. Seit 1975 gibt es die 40-Stunden-Woche, wobei viele Branchen heute schon 37,5 oder weniger arbeiten.

 


Autor:
Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © photophonie – adobe stock