Neues Gesetz: B2C-Websites müssen bald barrierefrei sein

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Wer einen Online-Shop betreibt oder auf seiner Website Termine vergibt, sollte das neue Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) kennen. Um dem Genüge zu tun, sollten jetzt viele Betreiber ihre Internetsite prüfen und gegebenenfalls optimieren.  Schnell online einen Termin buchen machen oder im Lieblingswebshop einkaufen gehen – was für die meisten einfach ist, kann Menschen mit Behinderungen vor große Herausforderungen stellen. Denn in der digitalen Welt gibt es ebenso viele Hindernisse wie in der realen. Hier setzt das BFSG an: Es verlangt, dass Online-Offerten künftig auch problemlos von Menschen genutzt werden können, die beeinträchtigt oder behindert sind. Erstmals macht das BFSG damit Vorgaben für die Privatwirtschaft.

Für wen gilt das neue Gesetz?

Zuerst verpflichtet das BFSG Hersteller, Händler und Importeure und Dienstleistungen zur Barrierefreiheit. Zu den Produkten zählen Computer, Notebooks, Tablets, Smartphones, Mobiltelefone, Selbstbedienungsterminals wie Geld- oder Check-in-Automaten, Fernsehgeräte mit Internetzugang, E-Book-Lesegeräte und Router. Dienstleistungen, für die das BFSG gilt, sind neben den Webshops auch Telekommunikationsdienste, E-Books, Apps und Bankdienstleistungen.

Zum zweiten betrifft das Gesetz alle Online-Shops, die sich an Endverbraucher richten. Die vom BFSG erfassten Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr beziehen sich immer auf das B2C-Verhältnis (Business to Consumer). Firmen, die im Business-to-Business-Bereich tätig sind, müssen ihre Homepages nicht barrierefrei gestalten. Auch für Blogs oder rein informative Präsentations-Homepages ohne Shop oder Interaktionsmöglichkeit gilt das BFSG nicht.

Was ist das Ziel des Gesetzes?

Ziel des Gesetzes ist, dass Menschen mit Behinderungen Webseiten genauso leicht und selbstständig finden, erreichen und nutzen können wie Menschen ohne Behinderungen. Es sollte für sie keine zusätzlichen Schwierigkeiten geben und sie sollten im Normalfall keine Hilfe von anderen Personen benötigen, um online auf Produkte oder Dienstleistungen zugreifen zu können.

Ab wann wird Barrierefreiheit Pflicht?

Wer betroffen ist, hat Zeit, bis zum Inkrafttreten des Gesetzes am 28. Juni 2025 seine Online-Präsenz oder Digitaldienstleistung zu optimieren. Nur für Selbstbedienungsterminals gibt es Übergangsfristen.

Diese Anforderungen sind zu erfüllen

Die gesamte Website und der Check-out-Prozess müssen so gestaltet werden, dass auch Nutzer mit sensorischen und motorischen Einschränkungen problemlos auf Inhalte zugreifen und mit der Seite interagieren können. Sehbehinderte verwenden beispielsweise in der Regel Screenreader-Software oder Vergrößerungsprogramme, um Inhalte im Internet lesen zu können – die Webseite muss das unterstützen. Hörbehinderte Menschen können Audio- und Videoinhalte verstehen, wenn diese mit Untertiteln versehen oder Transkripte als Alternative angeboten werden. Auch Links, Formulare und Buttons sollten ebenfalls entsprechend gekennzeichnet und auslesbar sein. Nutzer mit motorischen Einschränkungen verwenden häufig eine spezielle Tastatur, sowie Augen- und Sprachsteuerung, daher sollte die Navigation auf der Website ohne die Verwendung der Maus möglich sein. Auch Kontaktformulare und Bezahlvorgänge sollten allein durch die Tastatur steuerbar sein. Hilfreich ist am Ende auch eine einfache und klare Sprache, die die Verständlichkeit auch für Nicht-Muttersprachler steigert. Anbieter, die unter das BFSG fallen, haben zudem eine Informationspflicht zur Barrierefreiheit. Das heißt sie müssen auf ihrer Seite darüber aufklären, wie sie die Anforderungen konkret umsetzen. Ausgenommen von der Pflicht zur Umsetzung sind nur Kleinstunternehmen, die weniger als 10 Mitarbeiter beschäftigen und deren Jahresbilanzsumme zwei Millionen Euro nicht übersteigt.

Und wie geht das genau?

Die Anforderungen sind in der Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSGV) festgehalten, werden dort aber nicht näher spezifiziert. Denn die digitalen Produkte und Dienstleistungen sollen sich immer am aktuellen Stand der Technik orientieren. Die Bundesfachstelle für Barrierefreiheit wird daher auf ihrer Website www.deutschland-barrierefrei.de regelmäßig eine Auflistung der wichtigsten Standards veröffentlichen. Wer noch tiefer in das Thema einsteigen will, kann im Leitfaden zur Umsetzung des BFSG vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Antworten auf wesentliche Fragen nachlesen. Auch die „Aktion Mensch“ bietet auf ihrer Webseite https://www.aktion-mensch.de/inklusion/barrierefreiheit/barrierefreie-website konkrete Hinweise zur Umgestaltung von Internetseiten inklusive verschiedener Tools etwa zum Selbstcheck der eigenen Seite an.

Hohes Bußgeld droht

Die Bundesländer sind aufgefordert, Marktüberwachungsbehörden einzurichten, um die Einhaltung der neuen Regeln zu überprüfen. Sie sind momentan noch im Aufbau und werden ab dem Inkrafttreten des Gesetzes 2025 als Ansprechpartner für Beschwerden von Kunden und Verbänden fungieren. Diese neuen Behörden können Unternehmen anmahnen, die Barrierefreiheit herzustellen. Geschieht das nicht, ist auch die Verhängung eines Bußgeldes von bis zu 100.000 Euro möglich (§ 37 BFSG enthält einen Katalog der Pflichtverstöße und der Bußgelder). Die Behörde darf auch Produkte oder Dienstleistung verbieten oder Produktrückrufe anordnen. Unterstützung haben sie von den Sozialverbänden zu erwarten, die bereits ankündigten, entsprechende Beschwerden ihrer Klientel weiterzureichen.

Engagement zahlt sich aus

Experten sind sich einig, dass vieles dafürspricht, ab sofort an dem Thema Barrierefreiheit des eigenen Online-Angebots zu feilen: Unternehmen können so ihre Zielgruppe um Menschen mit Behinderungen, ältere Nutzer und solche mit temporären Einschränkungen erweitern. Außerdem verbessert der Umbau zur Barrierefreiheit auch die allgemeine Nutzererfahrung und wirkt sich positiv auf die Suchmaschinenoptimierung (SEO) aus, was die Sichtbarkeit und Auffindbarkeit der Website steigert. Unternehmen senden so auch ein klares Signal für soziale Verantwortung und Inklusion, was zu einer positiven Wahrnehmung der Marke bei Partnern und Kunden führen kann. Letztlich ist vorstellbar, dass der Geltungsbereich des BFSG künftig auf weitere Produkte und Dienstleistungen ausgeweitet wird. Dann sind Unternehmen, die jetzt schon die digitale Barrierefreiheit umsetzen, gut vorbereitet.

 


Autor:
Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © Zerbor – adobe Stock