
Das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG), das seit dem 6. Juli 2017 für mehr Fairness sorgt, erhält 2026 entscheidende Verstärkung. Die neue EU‑Richtlinie (EU 2023/970) tritt am 7. Juni 2026 in Kraft. Sie setzt neue Maßstäbe für Gehaltstransparenz – über Deutschland hinaus.
Auskunftsrechte werden ausgeweitet – und viel früher relevant
Ab 2026 gilt für alle Betriebe – vom Mittelständler bis zum Großkonzern:
- Bewerber und Mitarbeitende erhalten bereits im Bewerbungsprozess Einblick in Gehaltsbänder und Einstiegsgehälter.
- Der individuelle Auskunftsanspruch gilt künftig auch in Betrieben mit weniger als 200 Beschäftigten.
- Zusätzlich gewährleistet die Richtlinie jährliche Arbeitgeber-Informationen über das Gehaltsgefüge.
Berichtspflichten für mehr Transparenz
Unternehmen müssen künftig regelmäßig Zahlen liefern:
- Ab 250 Mitarbeitenden: jährliche Veröffentlichung von Gender-Pay-Gap-Berichten.
- Unternehmen mit 150 bis 249 Beschäftigten: Berichterstattung alle drei Jahre ab 2027.
- Betriebe mit 100 bis 149 Mitarbeitenden: ebenfalls dreijährlich – mit Startfrist bis 2031.
Das schafft klare Strukturen. Und erzeugt Bewegung.
Sanktionen und Beweislastumkehr – klare Konsequenzen
Die EU‑Richtlinie stärkt Betroffene:
- Die Arbeitgeber tragen künftig die Beweispflicht bei Lohn- bzw. Gender-Diskriminierung.
- Schadensersatzpflicht bei ungleicher Bezahlung – auch für entgangene Chancen oder seelischen Schaden, ohne Obergrenze.
- Bußgelder für Verstöße gegen Transparenzpflichten setzen zusätzliche Impulse.
Good Practice: Wie ein Mittelständler aus OWL zum Vorbild wurde
Die WERK3 GmbH aus Bielefeld, ein IT-Dienstleister mit rund 180 Mitarbeitenden, zeigt, wie moderne Vergütungstransparenz funktioniert:
Schon 2024 startete das Unternehmen ein internes Projekt unter dem Motto „Fair.Pay.Future“. Ziel: faire, geschlechtsneutrale Gehaltsstrukturen.
Der HR-Bereich analysierte alle Gehälter, führte objektive Kriterien für Joblevel und Tätigkeitsgruppen ein und veröffentlichte ein unternehmensweites Gehaltsband-System. Parallel entwickelte WERK3 ein digitales Mitarbeiterportal, das nicht nur individuelle Karrierepfade, sondern auch die Gehaltsentwicklung transparent abbildet.
Das Ergebnis: Die Gender-Pay-Gap sank innerhalb eines Jahres von 11 auf unter 2 Prozent. Die Zahl der Bewerbungen stieg um 28 Prozent. Und in der letzten internen Zufriedenheitsumfrage gaben 93 Prozent an, den Vergütungsprozess als „fair und nachvollziehbar“ zu empfinden.
Organisation verlangt proaktives Handeln
HR‑Abteilungen stehen vor umfangreichen Aufgaben:
- Einführung objektiver, geschlechtsneutraler Gehaltsbänder.
- Anpassung von Stellenausschreibungen und Recruiting‑Prozessen.
- Erstellung und Veröffentlichung von Reporting‑Dokumenten.
- Schulung der Führungskräfte und Kommunikation mit Mitarbeitenden.
Jetzt heißt es: gestalten statt reagieren.
Aussichten: Mehr Vertrauen, mehr Fairness, mehr Zukunft
Entgelttransparenz wirkt:
- Sie stärkt das Vertrauen der Mitarbeitenden.
- Sie wirkt sich positiv auf Employer Branding und Talentgewinnung aus.
- Sie reduziert strukturelle Ungleichheit – effektiv und nachhaltig.
Das Entgelttransparenzgesetz 2026 verändert die Arbeitswelt grundlegend. Es fordert nicht nur – es befähigt. Unternehmen, die diesen Wandel aktiv gestalten, gewinnen. Sie machen Fairness zum Wettbewerbsvorteil. Und sie sichern sich den Respekt einer neuen Generation von Fachkräften.
Autor:
Volksbank in Ostwestfalen – Bild © ERiK – adobe stock