Der grüne Fuhrpark kommt

Grüner LKW

In einem sind sich die Experten einig: Der grüne Fuhrpark wird zum Standard im deutschen Güterkraftverkehr. Nur wann und wie, darüber herrscht noch große Uneinigkeit. Ein Dreh- und Angelpunkt neben der Machbarkeit ist die Kostenwettbewerb mit dem konventionellen Dieselantrieb. Denn der Margendruck in der Branche ist und bleibt groß. Für starke Anreize zum schnellen Umstieg kann nur die Politik sorgen.

Während die ersten Lieferdienste wie DHL oder Amazon voll auf den Elektroantrieb setzen, sind die Hersteller schwerer Lkw noch uneins: Die Volkswagen-Nutzfahrzeugtochter Traton, zu der Marken wie MAN und Scania zählen, fokussiert sich auf den E-Antrieb. Daimler und Volvo, die beiden unangefochtenen Marktführer, haben sich dagegen zusammengetan, um gemeinsam neben dem Akku-Lkw auch dem Wasserstoff-Sattelschlepper zum Durchbruch zu verhelfen.

Mehr Busse als Lkw werden grün

Bei den neu zugelassenen Bussen verfügen bereits 40,5 Prozent über einen alternativen Antrieb, wie die jüngsten KBA-Zahlen ausweisen. Damit hat sich die Quote innerhalb eines Monats verdoppelt. Bei den Lkw hatten 1.099 Neufahrzeuge einen alternativen Antrieb, was einer Quote von 4,7 Prozent entspricht. Bei den Sattelzugmaschinen waren es 6,8 Prozent.

Bei den Bussen dominieren die Diesel-Hybrid-Antriebe, bei den Lkw batterieelektrische Antriebe und bei den Sattelzugmaschinen ganz klar Gasantriebe.

Kostenparität in wenigen Jahren

Gedanken darüber, wie es mit den Antrieben bei Nutzfahrzeugen in Deutschland weitergeht, machen sich aktuell unsere Nachbarn: Die niederländische NGO Transport & Environment (T&E) hat gerade eine neue Studie zu den Gesamtbetriebskosten (TCO) von alternativ angetriebenen Fernverkehrs-Lkw in Deutschland veröffentlicht. Dem Papier zufolge könnten Oberleitungs-Lkw bereits vor Mitte der 2020er Jahre, rein batterieelektrische Lkw Mitte der 2020er Jahre und Brennstoffzellen-Lkw um das Jahr 2030 die Kostenparität zum Diesel erreichen.

Güterverkehr braucht mehr grünen Strom

Um den Straßengüterverkehr vollständig zu dekarbonisieren, müsste der Lkw-Fernverkehr mit Strom aus erneuerbaren Quellen betrieben werden – entweder direkt oder indirekt über strombasierte Kraftstoffe. Unter der Annahme, dass die Lkw-Flotte in Deutschland 2050 klimaneutral betrieben wird, würde die direkte Elektrifizierung rund 46 Prozent der grünen Nettostromerzeugung des Jahres 2020 erfordern. Bei der Wasserstofftechnik läge dieser Wert bereits bei 75 Prozent und bei den E-Fuels bei 100 (Flüssigkraftstoffe) beziehungsweise 106 Prozent (gasförmige Kraftstoffe).

Synergieeffekte zu erwarten

Brennstoffzellen-Lkw mit größeren Reichweiten sind möglicherweise besser für Einzelfahrstrecken über 1.200 km und mehr geeignet. Allerdings machen diese Fahrten nur elf Prozent der gesamten Straßengüterverkehrsaktivität in Deutschland aus. Hinzu kommen Nischenanwendungen wie Schwerlast- und Spezialtransporte. In und um Seehäfen könnten Wasserstoff-Lkw auch einen Betriebs- und Kostenvorteil bei der Zu- und Abfuhr von Gütern bieten, wenn sich Synergieeffekte mit der Seeschifffahrt einstellen. Die Wettbewerbsfähigkeit der Antriebe wird nicht zuletzt davon abhängen, welche Technologie am schnellsten Skaleneffekte generiert. Sinkende Akkukosten aus dem Pkw-Bereich dürften sich auch bei den Lkw bemerkbar machen.

Ohne Anreize geht wenig

Der Straßengüterverkehr ist eine Branche, die sowohl Regulierung als auch beträchtliche Anreize erfordert, damit emissionsfreie Alternativen möglichst schnell die Kostenparität mit konventionellen Diesel-Lkw erreichen können. In Deutschland können Güterverkehrsunternehmen bisher Zuschüsse von bis zu 40.000 Euro pro emissionsfreiem Lkw erhalten. Das deckt maximal 40 Prozent der Investitionsmehrkosten pro Fahrzeug ab. In diesem Sommer soll die Förderung auf 80 Prozent der Investitionsmehrkosten angehoben werden.

Milliarden im Vorlauf

Ein milliardenschweres neues Förderprogramm für den Erwerb von Nutzfahrzeugen mit alternativen Antrieben sowie für Hilfen in Zusammenhang mit der entsprechenden Tank- und Ladeinfrastruktur ist auf der Zielgeraden. Konkret geht es um Programme über 1,6 Milliarden Euro für den Neukauf oder die Umrüstung von Fahrzeugen sowie über etwa fünf Milliarden Euro für die Tank- und Ladeinfrastruktur (Pkw und Lkw), die aktuell zur Notifizierung bei der EU-Kommission sind. Nach Bekanntgabe der Förderrichtlinien im Bundesanzeiger kann das Rennen auf die Fördertöpfe dann beginnen.

 


Autor:
Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © assetseller – adobe stock