Wie heizen wir im nächsten Winter?

Mann friert vor Heizung

Not macht erfinderisch, weiß der Volksmund. Stellt sich nur die Frage, ob Not auch in der Lage ist, politische Dogmen zu beugen. Putin drosselt die Erdgaslieferung um 60 Prozent. Vielverbraucher in der Industrie wissen schon, dass sie bei einer anhaltenden Krise zuerst abgeschaltet werden. Aber alle anderen wissen nicht, ob bei Ihnen in wenigen Wochen überhaupt noch Erdgas ankommt. Bleibt die spannende Frage: Was kann man tun als Unternehmenslenker?

Experten und Politiker überschlagen sich in Ihren Forderungen: Die Zahl der PV-Anlagen müsse deutlich schneller zunehmen als bisher, die Windkraft müsse eilig ausgebaut werden. Braunkohlekraftwerke und selbst Kohlekraftwerke sollen weiterlaufen. Nur die Kernkraftwerke auf keinen Fall.

Keine Wunder erwarten

Angesichts des schmalen Zeithorizonts bis es wieder kälter wird sollte man als Unternehmer besser keine Wunder erwarten: Bis zum ersten Frost werden die großen Übertragungsleitungen von den Offshore-Windparks in der Nordsee bis nach Süddeutschland nicht fertig. Auch neue Windräder werden nicht in wenigen Monaten gebaut. Selbst die simple PV-Anlagentechnik gehört längst nicht mehr zu den eilig abrufbaren Waren. Denn die Module kommen nur noch aus Südostasien. Auch die Zahl der Firmen, die diese montieren können, ist in den letzten Jahren arg geschrumpft.

Keine Hardware – keine Handwerker

Der Fluch Handwerkermangel schränkt auch weitere Handlungsoptionen stark ein: Die Wärmeversorgung eines Betriebes auf Luftwärmepumpe umzustellen, dürfte bis zum Winterbeginn auch nicht mehr gelingen – es gibt große Lieferprobleme bei dieser Technologie. Und die wenigen darauf spezialisierte Firmen haben vermutlich bis ins neue Jahr hinein keinen Termin mehr frei. Pellets-, Hackschnitzel- oder Scheitholzheizwerke sind auch nicht in wenigen Wochen in Betrieb zu nehmen. Hinzu kommt, dass man aktuell auch nicht sicher sein kann, welchen Typ Anlage man über die Abschreibungszeit noch betreiben darf. Übrigens: Selbst Motorsägen werden schon knapp.

Strombedarf steigt steil an

Bei der Mobilität richtet die Politik in Brüssel und Berlin alles auf Strom aus. Auch wenn wir Deutschen wissen, dass wir den dafür nötigen Mehrbedarf nicht aus dem Hut zaubern können. Wir werden noch Jahre massiv zukaufen müssen. Hoffentlich aus den neuen Atomkraftwerken, die auf der Ostseite der deutsch-polnischen Grenze gerade gebaut werden. Und nicht aus seit den maroden Uralt-Meilern im belgischen Tihange, unweit von Aachen.

 Winter fällt besser aus

Bleibt als Fazit nur: Es gibt in Sachen Energiewende unglaublich viel zu tun. Aber kaum etwas wird in den wenigen Wochen bis zum nächsten Frost umgesetzt sein. Hoffen wir, dass ausreichend Strom zur Verfügung steht, wenn Deutschland bibbernd alle verfügbaren Ölradiatoren, Induktionsheizkörper und Heizlüfter anwirft. Oder wir hoffen einfach darauf, dass der kommende Winter ausfällt. Wie sagt doch gleich ein altes russisches Sprichwort: Die Hoffnung stirbt zuletzt.

 


Autor:
Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © Paolese – adobe stock