Müssen wir alle agiler werden?

Agile Wirtschaft

Die Stellenanzeigen der heimischen Wirtschaft sind ein guter Spiegel dessen, was gerade in den Unternehmen vorgeht. Dass mehr Business- und Projektmanager für die Digitalisierung gesucht werden als der Markt zu bieten hat, verwundert wenig. Mehr erstaunt, dass jetzt auch „Agile Coaches“ gesucht werden. Müssen wir jetzt nicht nur mehr digital, sondern auch agiler als bisher werden?

Unumstritten ist, dass innovative Unternehmen schneller Marktchancen erkennen und nutzen können und deshalb schneller wachsen. Neue Produkte oder neue Dienstleistungen entspringen jedoch immer seltener den kongenialen Köpfen von Gründerinnen und Gründern. Viel häufiger sind sie das Ergebnis gemeinsamer Denkarbeit mehrerer Spezialisten oder von Teams mit interdisziplinärem Know-how.

Moderation mit Methode

Solche Teams brauchen eher Moderation als Führung. Und die Moderation braucht Methoden. Viele sind seit Jahren oder Jahrzehnten erprobt, neue schießen derzeit wie Pilze aus dem Boden. Ganz vorn dabei ist Scrum; 15% Solutions, 1-24-All, 25/10 Crowd Sourcing, WINFY (What I need from you), Fishbowl oder Obeya stellen nur die Spitze des methodischen Eisbergs dar. Wer will es den alten Hasen im Business verübeln, wenn die hinter „Team Estimation Game“ oder „Planning Poker“ unnütze Spielereien vermuten oder im Angesicht von „Kill your Company“ zuerst um das fürchten, was sie selbst aufgebaut haben.

In Sprints zum Teilziel

Und so funktioniert agiles Projektmanagement am Beispiel Scrum: Die Entwicklung wird in sich wiederholenden Teilprozessen organisiert, die man Sprints nennt. Eine gleichmäßige Sprintlänge von maximal vier Wochen gibt dabei dem Team einen Rhythmus. Am Ende jedes Sprints stehen regelmäßige Teillieferungen, im Optimalfall bereits nutzbare Produkte. Diese zeigt das Team dem Kunden, fordert Feedback ein und passt damit die Anforderungen an. Dann beginnt der nächste Lauf.

Fertigwerden wird zur Routine

Die Vorteile überzeugen: Durch die konsequente Priorisierung der Anforderungen werden zuerst jene umgesetzt, die einen hohen Nutzen bieten. Damit liegt schnell und früh ein nutzbares Ergebnis vor, was für das Team Fertigwerden zur Routine macht – und nicht länger zum Drama. Frühe, regelmäßige Lieferungen reduzieren das Risiko des Scheiterns und frühes Feedback eliminiert unnötige Anforderungen und damit Verschwendung. Die ständige Aktualisierung der Anforderungen macht Änderungen einfach – und erlaubt, das Projekt schneller zum Ziel zu führen. So erwächst aus Planerfüllung Nutzen.

Agilität steigert Kundenzufriedenheit

Die Aufteilung komplexer Projekte in lösbare Teilaufgaben klingt klug, oder? Bleibt nur zu hoffen, dass es sich entwicklungsfreudige Unternehmen leisten können, interne Moderatoren zu Agile Coaches weiterbilden zu lassen, Experten einzustellen oder externe Berater einzubinden. Viele Kunden würden sich sicherlich über mehr Agilität durch regelmäßigen Fortschritt in komplexen Projekten freuen statt sich wie so oft mit den Worten „dauert noch“ oder „das wird leider teurer“ vertrösten zu lassen.

 


Autor:
Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © Asha Sreenivas – adobe stock