Flexible Arbeitszeiten brauchen gute Vereinbarungen im Detail

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Überstunden kennt jeder – aber was, wenn Mitarbeitende weniger arbeiten und Minusstunden machen? Welche arbeitsrechtlichen Bestimmungen gelten und welche Regelungen man als Arbeitgeber für Minusstunden treffen könnte und sollte, listet der nachfolgende Beitrag.

Was sind Minusstunden?

Minusstunden entstehen, wenn Mitarbeitende weniger als die vertraglich festgelegte Arbeitszeit arbeiten, also zum Beispiel 36 Stunden, obwohl 40 vertraglich vereinbart wurde. Das passiert schnell, wenn Mitarbeitende morgens später kommen, ihre Arbeit für einen privaten Termin unterbrechen oder früher als normal gehen.

Darf man ohne Erlaubnis Minusstunden machen?

Arbeitsrechtlich haben Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Minusstunden. Solange es keine Arbeitszeitkonten gibt, liegt eine Verletzung der Leistungspflicht vor. Dann ist eine Abmahnung und unter bestimmten Voraussetzungen sogar eine Kündigung möglich. Deshalb sollten Arbeitgeber per Arbeitsvertrag oder Betriebsvereinbarung klar festlegen, ob und in welchem Umfang Minusstunden – und auch Überstunden – zulässig sind.

Wie das Arbeitszeitkonto auszugleichen?

Beliebt sind flexible Arbeitszeitkonten, darin werden meist Unterstunden und Überstunden miteinander verrechnet. Dadurch haben Beschäftigte die Möglichkeit, Überstunden abzubauen – müssen aber auch selbst verursachte Unterstunden wieder ausgleichen.

Können Minusstunden verfallen?

Grundsätzlich können Minusstunden nicht verfallen. Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass eine Regelung zwischen den Parteien vereinbart wird, die vorsieht, in welchem Zeitraum Überstunden die Minusstunden ausgeglichen werden müssen. Die Zeitspanne, in der Minusstunden nachgearbeitet werden müssen, können Unternehmen individuell regeln. Arbeitgeber sollten idealerweise drei Monate vor Ablauf dieser Frist ihre Mitarbeiter daran erinnern, empfehlen Arbeitsrechtler. Viele Arbeitgeber erlauben den Mitarbeitenden sogar, ihre Arbeitszeitkonten auch noch in den ersten drei Monaten des Folgejahres auszugleichen.

Wie viele Minusstunden sind sinnvoll?

Praktiker empfehlen, eine Obergrenze bei den Minusstunden zu setzen. 20 haben sich als sinnvoll erwiesen, denn bei 50 Minusstunden wird es für jeden Mitarbeitenden schwer, diese zusätzlich zur normalen Arbeitszeit nachzuleisten – insbesondere, weil die Höchstarbeitsgrenzen von acht beziehungsweise zehn Stunden pro Tag nicht überschritten werden dürfen.

Minusstunden vom Lohn abziehen?

Nicht ausgeglichene Minusstunden können nur vom Lohn abgezogen werden, wenn dies beispielsweise im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsversammlung vorgesehen ist. Allerdings wird im Normalfall dem Beschäftigten die Gelegenheit gegeben, die Zeitschuld auf dem Arbeitszeitkonto nachzuholen. Erst wenn der Mitarbeitende untätig geblieben ist, ist der Arbeitgeber berechtigt, Minusstunden auf den Lohn anzurechnen.

Was passiert mit Minusstunden im Kündigungsfall?

Arbeitgeber sollten in Arbeitsverträgen auch regeln, was bei der Kündigung mit Minusstunden passiert. Falls die Minusstunden nicht mehr ausgeglichen werden können, wird dies meistens über eine Lohnkürzung geregelt. Dies sei besonders bei Freistellungen relevant, da in dieser Zeit kein Ausgleich durch den Arbeitnehmer mehr erfolgen kann.

Minusstunden mit Urlaub verrechnen?

Aber: Minusstunden können nicht mit dem Urlaub verrechnet werden. Der Sinn und Zweck eines Urlaubs ist die Erholung, wissen Arbeitsrechtler. Den gesetzlichen Urlaubsanspruch zu kürzen, um Minusstunden auszugleichen, würde dem Zweck widersprechen.

Darf man Minusstunden anordnen?

Ein Arbeitgeber kann seine Beschäftigten bei Auftragsflaute nach Hause schicken – dadurch entstehen jedoch keine auszugleichenden Minusstunden. Die Beschäftigten müssen dann weniger arbeiten – bei gleicher Bezahlung, das folgt aus Paragraf 615 BGB. Durch diese Regelung stellt der Gesetzgeber sicher, dass das unternehmerische Risiko nicht auf die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen übertragen wird.

Warum erlauben viele Arbeitgeber Minusstunden?

In vielen Unternehmen wird mit flexibler Arbeitszeit gearbeitet. Genau das finden viele Arbeitnehmer attraktiv, wovon wiederum die Arbeitgeber profitieren. Zu enge Regeln oder eine zu engstirnige Auslegung würden die Idee konterkarieren, was beweist, dass bei dem Umgang mit Minusstunden und Überstunden immer auch der individuelle Fall sowie die persönlichen Umstände mit Augenmaß betrachtet werden sollten.

 


Autor:
Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © Gajus – adobe stock