Firmen engagieren Notfall-Mamas

Vater spielt mit Kind

Familienfreundlichkeit ist für viele Unternehmen in der Region mittlerweile ein wichtiges Thema. Kaum einer kann auf die Mitarbeit hochqualifizierter Kräfte verzichten, wenn diese Kinder bekommen. Dass es kaum etwas Wichtigeres gibt als Notfälle in der Familie haben die meisten Arbeitgeber bereits begriffen. Innovative gehen jetzt noch einen Schritt weiter und engagieren professionelle Notfallmamas, die sich um die Kids kümmern, wenn die vorzeitig aus Kita oder Schule abgeholt werden müssen. 

Die abklingende Pandemie hat gezeigt, welche Lasten junge Eltern zusätzlich schultern müssen: Homeschooling klingt nur harmlos, bedeutet aber, dass gerade kleine Kinder viele Stunden mehr beschäftigt sein wollen. Wer daneben im Homeoffice noch etwas schaffen will, muss früh aufstehen oder spät zu Bett gehen. Viele Arbeitgeber registrierten die Erschöpfung von Mitarbeitenden, die über Wochen daheim die Kinder betreuen mussten.

Verständnis nimmt zu

Auch wenn die Pandemie nicht zum Dauerzustand wird, so bleibt die Zerrissenheit vieler Angestellten zwischen den Terminen bei der Arbeit und den unverhofft auftretenden Bedürfnissen ihrer Kinder. Kleine Unfälle oder Ansteckungen sind in Kita wie Schule mehr Regel als Ausnahme. Die Mehrzahl der Arbeitgeber kann mittlerweile damit umgehen, wenn Mitarbeitende zu jeder Tageszeit den Mantel raffen und aus der Firma stürmen.

Notfallmamas in Bremen

Andere gehen schon einen Schritt weiter, wie die Fachzeitschrift Personalwirtschaft berichtet: So hat die Verwaltung des Bremer Landtags aufgrund einer Vielzahl von Abendveranstaltungen und Ausschusssitzungen jüngst die Notfallmamas engagiert. Das sind zeitnah verfügbare, geschulte Kräfte, die die Kindernotbetreuung sicherstellen. Und zwar bei den Kindern daheim, in den Ferien oder auch durch eine Onlinepräsenz. 25 Landtags-Kinder sind in dem Programm, die Kosten dafür trägt das Parlament der Hansestadt.

Flying Nannies in Leipzig

Das Universitätsklinikum Leipzig setzt auf Flying Nannies. Die holen die Kids aus Kita und Schule, gehen mit ihnen auf den Spielplatz der bringen sie zu Sportverein oder Musikschule. Bis zu 20 Stunden Hilfe kann jedes Elternteil pro Monat abfragen. Das Angebot wird zwar nicht häufig genutzt, wird aber von den Mitarbeitenden als weiches Kissen für den Krisenfall empfunden.

Sonderurlaub in Würzburg

Im Landkreis Würzburg bekommen Vollzeit arbeitende Eltern von Kindern bis zum Alter von 10 Jahren zwei Tage mehr Urlaub pro Jahr. Hinzu kommt ein Arbeitszeitkonto, dass allen erlaubt, freie Tage zu nehmen oder die Arbeitszeit für eine Weile zu reduzieren. Andere Unternehmen bieten mit Hilfe von Drittanbietern Kinder-Feriencamps, übernehmen sogar ein Großteil der Kosten.

Erwartungen nehmen zu

Familienfreundlichkeit ist längst kein Nice-to-have mehr, sie wird von mehr und mehr jungen Fachkräften erwartet: Eine Trendstudie von Forsa und Väter gGmbH zeigt, dass

die Mehrheit der Frauen (59%) wie auch der Männer (59%), den Arbeitgeber eher wechseln würden, wenn dieser keine Unterstützung der Familie anbietet. Knapp ein Viertel der Befragten – Männer wie Frauen – würde definitiv wechseln und 37 Prozent würden es ernsthaft in Erwägung ziehen. Die Zahl der Wechselwilligen hat sich damit gegenüber 2016 mehr als verdoppelt.

Reduzierte Arbeitszeit gefragt

Gefragt nach der optimalen Wochenstundenzahl, um sowohl dem Beruf als auch der Familie gerecht werden zu können, waren sich alle Befragten einig: 38 Prozent der Männer und 41 Prozent der Frauen sind der Meinung, dass 32 bis 40 Stunden ideal für die Vereinbarkeit ist. Nicht viel weniger (34 Prozent der Frauen und 30 Prozent der Männer) plädieren für maximal 24 bis 32 Stunden. Männer wollen gerne weniger und Frauen mehr arbeiten.

Elternzeit wird selbstverständlich

Ein Ergebnis, das selbst die Experten überrascht hat, ist der hohe Prozentsatz an Vätern, die in Elternzeit gehen wollen: knapp 100 Prozent, so viele wie noch nie. Auch ist der Wunsch nach einer längeren Elternzeit deutlich angestiegen. Nur 13 Prozent wollen sich für maximal zwei Monate ausschließlich ihrem Baby widmen. Die große Mehrheit will zwei und mehr Monate. 34 Prozent bis zu sechs Monate, 22 Prozent bis zu 12 Monate. Junge Berufstätige fordern von ihren Arbeitgebenden mehr Familienbewusstsein. Insbesondere die Notfallbetreuung stand bei den zukünftigen Eltern mit 54 Prozent ganz oben.

 


Autor:
Volksbank Herford-Mindener Land – Bild © Syda Productions – adobe stock